Historischer Spaziergang zur „Stoltefuß Wiese“

Wir gehen in Richtung Kurler Busch zur Stoltefuß Wiese und starten am Feldweg (so hießen diese Wege ja früher) Ecke Lindenallee/Robert-Koch-Straße. Zur besseren Orientierung ist immer ein relativ aktuelles Bild dabei.

Es hat sich einiges verändert im Laufe der Zeit. Bild unten zeigt die 1950er Jahre. In der Mitte des Bildes sieht man den Verlauf eines Grabens, den die großen Kinder (Halbstarken) im späten Herbst am Abflussrohr mit Erde verschlossen, damit sich das Wasser in der Stoltefuß Wiese staute.

 

Das Versperren des Abflusses zeigte Folgen und im Winter bei Frost entstand eine große Eisfläche. In der übrigen Jahreszeit gab es nur zwei kleine Teiche. Die gesamte Fläche war eine Wiese, wir nannten sie „Stoltefuß Wiese“. Es war ein Naturparadies. Die Wiese war bunt. Neben verschiedenen Grasarten wuchsen hier eine Vielzahl von heute seltenen Pflanzen u. a. auch Orchideen wie Knabenkräuter, die meisten sind in Kamen leider schon ausgestorbenen. Es brüteten jedes Jahre die Kiebitze in der Wiese und in den Teichen tummelten sich viele Molch- und Froscharten. 

Diese Wiese war eine „Ausziegelungswiese“. Das heißt, hier wurde der Lehmboden abgegraben (mit der Hand) und dann zu Ziegelsteinen geformt, die dann vor Ort in einem Feldbrannt zu echten Steinen „gebacken“ wurden. Deshalb lag diese Wiese auch unter dem angrenzenden Feldniveau. Ganz viel früher stand hier nur ein paar Meter weiter westlich, wo heute noch ein kleiner Teich existiert, eine Wasserburg - das Feldhaus. Die Ritter von Feldhaus bauten sich aber bald eine neue Burg in Lanstrop, das heute bekannte Haus Wenge und zogen dort hin. Sie setzten deshalb einen Verwalter in ihrem Feldhaus ein. Diese Verwalter bezeichnete man als Schulte oder auch Schulze. Dieser Schulze nannte sich nach dem Besitz, also Schulze Vels. Daher dieser bekannte Name in Methler. Vels ist die Abkürzung von Feldhaus, die Schreibweise hat sich häufig verändert Veldhaus oder eben auch Feldhaus.

Die Bilder von oben nach unten. Schlittschuhlaufen in „Stoltefuß Wiese“. Wohl dem, der schon die neuen Schlittschuhe mit Lederriemen besaß. Sonst halfen nur die Gummiringe von den Einmachgläsern, die man der Mutter stibitzen mußte. Allerdings gab es auch noch die ganz alten „Bogenläufer-Schlittschuhe“ zu sehen. Aus den nahen Gebüschen schnitten wir uns Hockeyschläger und dann, stand einem tollen Eishockeyspiel nichts mehr im Wege.

Anfang der 1960er Jahre war es mit dem „Paradies“ vorbei. Mit dem Müll und Abfall aus dem ganzen heutigen Stadtteil Methler wurde dieses Stück Natur zugekippt. Mitte der 1960er Jahre entzündete sich die Müllkippe und brannte wochenlang, es stank gewaltig und wir hatten auch unseren „Londoner-Nebel“. Die Feuerwehr versuchte vergeblich den Brand zu löschen, wie gesagt wochenlang schwelte er vor sich hin, bis der Brand endlich erlosch.

Heute wissen nur noch wenige Menschen was für ein kulturgeschichtlich und naturkundliches Kleinod unter der trostlosen Aufforstung begraben liegt. Schade!